9 kritische Fragen an Oatly – der Hafermilch-Hersteller steht Rede und Antwort zum Deal mit Investor Blackstone

Nachdem sich der schwedische Hafermilch-Hersteller kürzlich auf einen Deal mit dem umstrittenen Grossinvestor Blackstone eingelassen hat, muss das Unternehmen plötzlich erstmals richtig Kritik einstecken – und das ausgerechnet aus der Öko-Bubble. Dürfen/sollen wir überhaupt noch Oatly trinken? Diese Frage hat euch in den letzten Wochen bewegt. Es wurde auf Instagram hitzig debattiert – in alle Richtungen. Ich hatte nun die Gelegenheit, eure Fragen und Sorgen direkt an Oatly heranzutragen. Tobias Goj, General Manager von Oatly für Deutschland, Österreich und die Schweiz, im Interview.
Was ist passiert? Die Vorgeschichte:
- Das schwedische Unternehmen Oatly galt bis anhin als die nachhaltige Hafermilchmarke schlechthin.
- Weil Oatly Anteile an das US-Unternehmen Blackstone verkauft hat, rufen selbst Fans zum Boykott der Marke auf.
- Blackstone wird mit der Abholzung des Regenwaldes in Amazonas in Verbindung gebracht. Ausserdem soll die Investorengruppe Trumps Wahlkampf mit mehreren Millionen mitfinanziert haben.
Alle Fakten, Infos und Hintergründe gibt es hier.
Oatly ist die weltweit am besten verkaufte Hafermilch. Warum benötigt ihr da noch neue Investoren?
Wir sind stolz darauf, dass wir mit unseren Produkten so viele von euch erreichen können. Aber um noch mehr Konsument*innen davon zu überzeugen, dass pflanzenbasierte Lebensmittel wie unsere Haferdrinks die bessere und nachhaltigere Alternative zu tierischen Lebensmitteln sind, müssen wir weitere nachhaltige Fabriken bauen, um weiter wachsen zu können. Und wir wollen nicht irgendwie wachsen: Wir wollen kein Nischenprodukt sein, sondern unseren Einfluss ausweiten und den Beweis dafür liefern, dass sich Investitionen in nachhaltige Unternehmen nicht nur auszahlen, sondern auch besser für unseren Planeten sind.
Inwiefern ist eure Wachstumsstrategie denn mit der ursprünglichen Philosophie von Oatly zu rechtfertigen?
Die Philosophie von Oatly war es schon immer, die wirklich großen Probleme mutig und progressiv anzugehen und damit Vorreiter für nachhaltigen Wandel zu sein. Das mag manchmal kontrovers wirken. Wenn wir die globalen Klimaziele erreichen wollen, müssen wir im ersten Schritt die weltweiten Treibhausgasemissionen um 50% senken. Dazu haben wir laut Forscher*innen zufolge noch zehn Jahre Zeit. Nur noch zehn Jahre – danach ist der Klimawandel kaum noch aufzuhalten! Wir müssen also jetzt handeln. Von daher ist unsere Wachstumsstrategie Teil unserer Philosophie, noch mehr Menschen den Zugang zu pflanzlichen und nachhaltigen Alternativen zu ermöglichen.
Unterstütze ich nun mit dem Kauf von Oatly-Produkten die Abholzung des Regenwalds?
Nein, im Gegenteil. Mit dem Kauf von Oatly-Produkten unterstützt du uns dabei, unsere Mission einer nachhaltigeren Welt voranzutreiben. Wir wollen als Beispiel vorangehen und dem globalen Kapitalmarkt beweisen, dass Investitionen in nachhaltige Unternehmen lohnenswert sind – sowohl für die Investor*innen aber vor allem auch für unseren Planeten. Unser Ziel ist, dass sich unser Ernährungssystem von tierischen zu pflanzlichen Lebensmitteln verlagert. Da Wälder vor allem auch zum Tierfutteranbau abgeholzt werden, wird ein beschleunigter Wandel hin zu pflanzenbasierten Nahrungsmitteln auch die Abholzung des Regenwaldes minimiert bzw. im besten Fall gestoppt.
Es standen bestimmt noch andere Investoren zur Auswahl. Warum hat sich Oatly für einen Investor entschieden, der Trumps Wahlkampf mitfinanziert hat?
Unser Ansatz ist, uns auf unsere eigene Arbeit zu konzentrieren und uns für unser eigenes Handeln verantwortlich zu machen. In diesem Fall haben wir uns vor allem für den Investor entschieden, mit dem wir die Umsetzung unserer Mission am schnellsten vorantreiben können. Blackstone ist der größte und einflussreichste Private-Equity-Investor weltweit, der globale Kapitalmarkt schaut darauf, was Blackstone macht. Und wenn ebendieses Unternehmen in nachhaltige Unternehmen wie Oatly investiert, dann hoffen wir, dass damit ein starkes Signal ausgesendet wird und dass viele weitere Kapitalgeber*innen diesem Beispiel folgen und zukünftig nachhaltige Projekte und Unternehmen unterstützen. Es geht uns nicht darum, „nur“ ein einziges Unternehmen zu verändern, sondern die globalen Finanzströme in eine grüne Richtung zu lenken. Und dies aus den genannten Gründen so schnell wie möglich.
In diesem Fall haben wir uns vor allem für den Investor entschieden, mit dem wir
die Umsetzung unserer Mission am schnellsten vorantreiben können.
Wurden von eurer Seite her eigentlich Bedingungen für die Zusammenarbeit mit Blackstone gestellt?
Es ist unsere Aufgabe, bei allen unseren Investor*innen sicherzustellen, dass sie uns voll und ganz unterstützen und Teil unserer Mission sind. Das ist die Bedingung, die wir allen unseren Kapitalgeber*innen stellen. Wir verpflichten uns selbst dazu, dass unsere Investitionen ausschließlich nachhaltigen Projekten zugute kommen.
Wie wird Oatly versuchen, bei Blackstone einen ökologisch positiven Einfluss zu nehmen?
Oatly ist in erster Linie immer noch ein Lebensmittelunternehmen, auf diesem Gebiet sind wir Expert*innen und reden deswegen auch darüber. Wir nehmen insofern Einfluss auf unsere Investor*innen, als dass wir dafür sorgen, dass ihre Investitionen unserer haferbasierten Nachhaltigkeitsbewegung zugutekommen und nicht etwa anderen Bereichen wie der Fleisch- und Milchindustrie, die aktuell zu den Hauptverursacher*innen der Abholzung der Wälder im Amazonasgebiet gehören. Aber wir haben keinen Einfluss darauf, in welche Unternehmen und Projekte Blackstone abseits von Oatly investiert. Übrigens kann kein Unternehmen beeinflussen, was seine Kapitalgeber*innen machen.
Weshalb nehmt ihr in Kauf, dass euch selbst treue Fans erster Stunde nun boykottieren?
Es tut leid, dass wir einige unserer Fans enttäuscht haben. Aber wir sind immer noch dieselben wie vorher. Wichtig ist, dass wir alle das gleiche Ziel verfolgen, nämlich die Erreichung der globalen Klimaziele. Es gibt unterschiedliche Ansichten darüber, welcher der richtige Weg ist und das ist für uns in Ordnung. Aber es ist uns ein Anliegen, dass unsere Konsument*innen verstehen, dass dieses Thema nicht schwarz-weiß ist. Es gibt mehrere Perspektiven. Vielleicht denken einige, dass es naiv ist zu glauben, dass wir mit dem was wir tun nicht nur die Lebensmittelindustrie, sondern auch die Finanzwelt zu einem Wandel anregen können. Aber für uns ist das der richtige Weg. Wir müssen groß denken und aktiv handeln, wenn wir wirklich etwas verändern wollen.
Oatly expandiert in verschiedene Länder, beispielsweise China. Wird dort dann der Hafer für die Milch lokal angebaut und verarbeitet?
Unser Bestreben ist es immer, Hafer zu verwenden, der so lokal wie möglich angebaut wird. Außerdem stellen wir sicher, dass der von uns verwendete Hafer unseren hohen Standards und Qualitätsanforderungen entspricht. Wir eröffnen demnächst eine Fabrik in Singapur, unter anderem für den chinesischen Markt. Der Hafer, der dort verarbeitet wird, wird hauptsächlich aus Australien kommen.
Dieser Artikel wird bestimmt von vielen enttäuschten Fans gelesen. Was möchtet ihr ihnen abschliessend noch sagen?
Wir hoffen, dass es in Zukunft noch viele solcher unerwarteten Partnerschaften geben wird,
denn das würde bedeuten, dass sich wirklich etwas zum Guten ändert.
Wir verstehen, dass einige von euch enttäuscht von uns sind, denn wir wissen, dass dieser Schritt unerwartet für viele von euch kam. Für uns stehen die Themen Nachhaltigkeit und der Kampf gegen den Klimawandel so sehr im Mittelpunkt, dass wir auch unbequeme Entscheidungen treffen, wenn wir dadurch einen schnelleren und größeren positiven Einfluss auf die Umwelt haben können. Langfristig gesehen wird es die wichtigste Aufgabe sein, die großen Kapitalströme auf nachhaltige Konzepte zu verlagern, davon sind wir fest überzeugt. Die Debatte, die derzeit geführt wird, ist richtig und wichtig. Denn sie beschäftigt sich mit der Frage, welche Maßnahmen wir wirklich ergreifen müssen, wenn wir den Klimawandel in dem kurzen Zeitfenster, das wir noch haben, wirklich aufhalten wollen. Wir alle müssen offen sein für verschiedene Blickwinkel, denn die Welt ist nicht schwarz oder weiß. Deswegen werden wir euch weiterhin zuhören und aktiv dieses Thema mit euch diskutieren. Wir hoffen, dass es in Zukunft noch viele solcher unerwarteten Partnerschaften geben wird, denn das würde bedeuten, dass sich wirklich etwas zum Guten ändert.
Wie steht ihr zum Statement von Oatly? Werdet ihr die Hafermilch weiterhin kaufen oder nicht? Ich bin gespannt auf eure Meinungen in den Kommentaren.
11 thoughts on “9 kritische Fragen an Oatly – der Hafermilch-Hersteller steht Rede und Antwort zum Deal mit Investor Blackstone”
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Also, wir lernen daraus, Oatly ist ein ganz normales Unternehmen und auf einen höchstmöglichen Gewinn aus. Das ist das gute Recht von allen Unternehmen. Dennoch enttäuschend. Ein anderer Weg wäre mir deutlich lieber gewesen, das würde auch ein Zeichen setzen, dass nicht die ganze Weltwirtschaft von China abhängig ist, das es Marken gibt, die sich nicht auf die gleiche Ebene begeben, wie anscheinend der Großteil anderer Unternehmen dieses Investors. Der einzige der dadurch positives Ansehen bekommt, ist wahrscheinlich der Investor, da dieser jetzt sagen kann, schaut, auch ich setze jetzt auf Nachhaltigkeit. Oalty wird sich das alles ganz toll überlegt haben und die Antworten gehören eben zu einer hervorragenden Marketingtstrategie und mehr eben auch nicht.
Absolut richtig – dem gibt es absolut nichts hinzuzufügen. Dieses ganze BS Zeugs von wegen der Mission von Oakley ist schlichtweg verlogen und corporate mindfuck.
Danke für das interessante Interview 😊 und deine Arbeit!
Also ich werde, wenn ich nicht die Zeit habe selber Hafermilch zu machen, trotzdem noch die Oatly kaufen! Ich finde, dass natürlich die erste Kritik berechtigt war, aber mit dem Statement haben Sie sich gut erklärt. Ich kenne aber auch andere nachhaltige Marken/Startups die durch Crowdfunding erst Fuß gefasst haben -> wer weiß ob Herr/Frau ABC nicht vielleicht auch in Trumps Wahlkampf investiert hat?!
Aber kritisch immer mal wieder alles zu hinterfragen sollte bleiben – und wer weiß wie sich dieses Unternehmen entwickelt.😊
Erstmal vielen Dank an Dich für deine Beiträge und die Recherchen. Somit wird erstmal Bewusstsein für dieses Thema geschaffen. Natürlich ist es nicht schön zu lesen, dass sich Oatly für einen Investor entschieden hat, der vielleicht nicht die gleichen hohen ethischen und nachhaltigen Standards lebt, wie andere Investoren. Dennoch ist es eben schwer für kleine Firmen und Start-Ups Fuß zu fassen in der Lebensmittelbranche und früher oder später braucht jeder Geld oder Investoren. Die Frage ist eben, wie beschaffe ich es mir. Ich schätze auch die Arbeit von Veganz sehr, welche ja letztes Jahr mehr als 2 Millionen Euro über eine Anleihe gesammelt hat. Bei dieser Anleihe haben sicher auch nicht nur Veganer investiert, sondern vielleicht auch Menschen mit niedrigen, ethischen Standards, die dies einfach als gute Geldanlage sehen. Daher ist es schwer zu sagen, was richtig oder falsch ist. Ich werde die Produkte weiter kaufen, aber dies entsprechend abwägen.
Man kann es unternehmen nicht verübeln, möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften. Ich denke, dass es kaum ein UN schafft wirklich 100% perfekt zu sein und es allen recht zu machen. Genau wie auch ich meine Schwächen habe und nicht 100% perfekt bin:-) Dennoch ein sehr schöner lesenswerter Bericht liebe Anina.
Ich finde, Blackstone verdient nun einfach an diesen Geschäft, aber das macht den Investor nicht nachhaltiger. Die werden weiterhin bestehende Geschäfte weiter führen sowie neue aufnehmen welche alles andere als Nachhaltig sind. Da unterstützte ich lieber eine Firma die regional Hafermilch macht und versuche Hafermilch an sich weiter zu verbreiten als eine Firma welche mit solchen Investoren arbeitet.
Ich meine, Hafer ist Hafer, dafür brauche ich Oatly nicht.
Ich werde keine Oatly mehr kaufen. Sie haben eine erstklassige Marktingstragie und dem Wachstum wird alles untergeordnet. Es gibt genügend Alternativen! Bei uns im Süden von Deutschland VeLike, die ist aus regionalem Hafer, bio und sie gibt es auch in Glasflaschen!
Ich empfinde das Interview als sehr positiv!
Oatly macht bewusst, dass man im Leben auch manchmal einen Weg einschlagen muss, der nicht jedem gefällt oder nicht jeder versteht. Um dem Klimawandel entgegen zu wirken und dies mit schnellen Mitteln braucht es wahrscheinlich einen Investor in dieser Liga, welcher vielleicht viel mehr positive Nebeneffekte mit sich bringen kann als, die bereits bekannten negativen.
Ich mache meine Hefermilch selber und werde aber auch weiterhin oatly Produkte konsumieren.
Danke Anina für deine Arbeit :).
Das Interview macht mir Oatly gleich sympathischer. Klar kann man seine Zweifel daran haben aber schlussendlich geht es wirklich darum die Welt nachhaltiger zu machen. Wenn da durch mehr Menschen Pflanzenmilch kaufen, ist das rin wichtiger Schritt! Wenn Unternehmen wie Nestlé, Danone, Coca Cola vegane Produkte auf dem Mark haben, ist das doch ein Zeichen, dass der Veganismus eine erfolgreiche soziale Bewegung ist.
LG Dunja
Hi Anina,
vielen vielen lieben Dank für deine tolle Arbeit. 🙂 Du gibst dir immer so viel Mühe beide Seiten zu beleuchten und schaffst es dadurch solch sachliche Beiträge in die Welt zu tragen.
Ganz viel LIEBE <3
Rebecca
Ich finde es gut, dass sie sich dazu geäußert haben, auch wenn die Antworten alles andere als zufriedenstellend sind. Zwischen den Zeilen gelesen sind das standardantworten bei unangenehmen Themen, ein Versuch das Image zu wahren.
Ich werde Oatly deutlich seltener kaufen ab jetzt.