Aktivismus für Introvertierte: Wie du dir auch leise Gehör verschaffst (ohne zu streiken)

Aktivismus für Introvertierte: Wie du dir auch leise Gehör verschaffst (ohne zu streiken)

Klimaschützer von „Fridays for Future“ haben für den 20. September zum globalen Klimastreik aufgerufen. Auch in der Schweiz geht es eine Woche später auf die Strasse und ich werde dabei sein. Mich in die Menschenmasse zu begeben, kostet mich jedes Mal viel Überwindung. Als hochsensibler Mensch mag ich das Gewusel nicht. Parolen lauthals rauszuschreien ist auch nicht meins, obwohl ich jedes Wort davon sofort unterschreibe. Wie also schaffe ich es, als introvertierter Mensch trotzdem eine Aktivistin zu sein? Und wie könnt ihr das auch? In diesem Blogpost teile ich meine Ideen und Tipps für euch – quasi von Sensibelchen zu Sensibelchen.

 

Es ist kein Zufall, dass ich einen Blog betreibe und nicht stattdessen auf Youtube-Videos veröffentliche. Ich schreibe einfach viel lieber als dass ich rede. Nicht, dass mir Letzteres schwer fallen würde. Ich schätze, das Schreiben liegt mir einfach mehr. Schon früh habe ich gemerkt, dass ich mit in geschriebenen Worten viel besser ausdrücken kann. Vor allem wenn es um Emotionen geht. Das hat seine Vor- und Nachteile. Das Schöne daran ist ganz klar, dass meine Liebsten immer wieder einmal kitschige handgeschriebene Briefe von mir bekommen, manchmal sogar Gedichte. Die Kehrseite ist dann aber auch, dass ich nur höchstselten den Hörer abhebe, wenn ich die Person an der anderen Leitung nicht kenne. Und manchmal auch dann nicht, wenn ich sie kenne! 😉

Es soll in diesem Blogpost aber eigentlich nicht weiter um mich gehen. Mir war es nur wichtig, euch das kurz zu schildern, damit ihr versteht, dass ich mich sehr gut in euch hineinfühlen kann. In euch Sensibelchen, euch Introvertierten. Paradoxerweise ist es ja so, dass gerade wir als feinfühlige Menschen uns oft noch viel mehr den Kopf zerbrechen über Dinge, die uns am Herzen liegen. Unseren Planeten zu retten und aktiv etwas gegen den Klimawandel zu tun, ist dabei brandaktuell – im wahrsten Sinne des Wortes. Und vielleicht kennt ihr das beklemmende Gefühl, dass das, was man bereits im Stillen für sich jeden Tag tut, einfach nicht genug ist.

 

Aktivismus ist für alle da – auch für Sensibelchen

Ich kann mich gut daran erinnern, als letztes Jahr in Zürich zum ersten Klimastreik aufgerufen wurde. „Da muss ich hin“, war meine erste Intention. Dann aber – zeitgleich – meldete sich die Stimme in meinem Kopf, die sagte: „Nein, das bist du nicht“. Denn erstens hasse ich nichts mehr als Menschenmassen und Lärm. Zweitens wusste ich, dass ich gewiss nie die Person sein werde, die sich lauthals für etwas stark macht. Auch nicht dann, wenn es um meine Zukunft und die unseres Planeten geht. Aber wisst ihr was? Von all diesen Zweifeln habe ich mich nicht aufhalten lassen. Ich habe mein Schild gebastelt, bin nach Zürich gefahren und habe mich mitten in die Menge gestellt.

Aber ganz ehrlich: Richtig hat sich das für mich nicht angefühlt. Im Wesentlichen sind die „populären“ Formen des Aktivismus für mich nicht gemacht. Das könnte dann auch der Grund dafür sein, dass diese kleine Stimme in meinem Kopf immer wieder sagt, dass ich dann möglicherweise gar keine Aktivistin sein kann. Aber: Ich bin mir sicher, dass es ganz viele Umweltschützer und Veganer gibt, die sich genau mit diesem Problem konfrontiert sehen. Und lasst mich euch sagen: Es gibt andere Formen des Aktivismus, die weder eine laute Stimme brauchen, noch damit verbunden sind, sich blutüberschmiert auf die Strasse zu legen oder sonst dergleichen. Nein, es gibt andere Lösungen, die darauf warten, von denen gefunden zu werden, die manchmal Schwierigkeiten haben laut auszusprechen, was ihnen auf dem Herzen lastet.

 

Nutzt eure Stärken und Talente

Meine Stärke, ich habe es eingangs erwähnt, ist das Schreiben. Ich nutze meine Kanäle, um auf Missstände aufmerksam zu machen, indem ich recherchiere, Informationen aufbereite und sie visuell so darstelle, dass ich an möglichst viele Menschen herantreten kann. Ihr könnt nicht schreiben? Egal. Gewiss habt auch ihr ganz viele Talente.

Vielleicht könnt ihr singen oder Musik machen. Wie wäre es mit einem Song, der den Klimawandel thematisiert? Oder vielleicht seid ihr ja im Informatikbereich tätig und könnt Klimaseiten zu einem besseren SEO verhelfen, sodass sie bei Google & co. besser gefunden werden. Das ist schon alles zu offensiv? Nun, wie wäre es mit Müllsammeln an einem nahen Gewässer? Dafür braucht es nicht mehr als ein Handschuh und eine Tüte. Das wird garantiert bewirken, dass andere direkt mithelfen oder zumindest darüber nachdenken, was hier eigentlich schief läuft.

Ihr merkt schon, worauf ich hinaus möchte. Versucht einfach, Teil der Bewegung zu werden indem ihr das tut, was ihr gut könnt. Vielleicht könnt ihr ja auch einfach gut zeichnen und malen. Dann bastelt doch Plakate im Zeichen der Klimakrise und schenkt diese Demonstranten, die noch kein Schild haben. Ihr könnt euch den Streik dann sicher vom Rand aus beobachten. Am besten schiesst ihr noch Fotos von den besten Sujets und teilt diese unter dem Hashtag #globaleclimatestrike #fridaysforthefuture #allefürsklima und wie sie alle heissen. Auch so setzt ihr ein Zeichen, ohne euch verbiegen zu müssen.

Es war noch nichts für euch dabei? Wie wäre es denn mit einer Dinnerparty für Freude, auf der ihr vegan kocht? Es kann so einfach sein, die richtige Message zu verbreiten – und in diesem Fall auch so lecker.

 

Warum uns die Meinung anderer egal sein muss

Wenn ich durch meinen Job in der Öffentlichkeit eines gelernt habe, dann ist es das. Und klar, das war auch für mich eine echt harte Lektion. Indem wir uns aber dafür entscheiden, Aktivismus (egal in welcher Form) zu betreiben, machen wir uns angreifbar. Menschen, die für ihre Werte einstehen und eine Meinung haben, werden gerne an den Pranger gestellt. Es wird Leute geben, die deine Fehler suchen. Und finden. Denn: Jeder von uns hat sie. Das alles muss euch aber einfach egal sein.

Was mir enorm hilft ist, mich mit mit Gleichgesinnten zu vernetzen. Dafür ist Social Media wie gemacht. Tauscht euch aus und redet (schreibt) mit. Egal wie viele Likes euer Beitrag auch bekommen mag, ihr seid automatisch Teil eurer ganz persönlich gewählten Bewegung. Ihr arbeitet in eurem eigenen Tempo daran, diesen Planeten zu einembesseren zu machen. Und glaubt mir, eure Taten, Veränderungen und Initiativen (on- und offline) werden von so viel mehr Menschen gesehen und wahrgenommen, als ihr vielleicht denkt.

Beispielsweise werden all eure nicht-veganen Freunde werden deine vegane Küche lieben und nach dem Rezept fragen. Die Rezepte geben sie allenfalls sogar weiter und wenn es diesen Menschen auch wieder schmeckt, ist es durchaus möglich, dass plötzlich ganz viele einen veganen Kuchen backen, statt auf das alte Rezept der Oma zurückzugreifen. Und der Spaziergänger, der wortlos an euch vorbei marschiert ist, während ihr mühsamst Zigaretten ausgesammelt habt, wird zuhause beim Kaffee seiner Frau erzählen, dass es doch noch tolle junge Menschen gibt.

 

What is done in love is done well – oder?

Was ich euch mit meinen Worten sagen will: Es ist okay – nein, es ist sogar toll, Aktivismus anders zu betreiben. Um Aktivisten zu sein, müssen wir uns gar davon lösen, die Dinge so zu tun, wie es alle anderen tun. Denn genau das ist doch auch ein Teil der Aufgabe. Wichtig ist, dass wir das, was wir tun, mit Leidenschaft und Überzeugung tun. Was wir in Liebe und in guter Absicht machen, wird gehört. Egal wie leise unsere Stimme sein mag. Diese Botschaft kommt an, laut – und mehr als deutlich.

 

Für alle, die sich jetzt doch trauen oder sowieso kommen wollten: Hier findet ihr alles Infos zur Demo in Bern. Ich freue mich, euch vor Ort zu treffen oder darüber, wenn ihr meine Beiträge dann auf Social Media teilt. Ihr wisst schon, macht es einfach auf eure Art und Weise.

Lasst mich in einem Kommentar wissen, wie ihr Aktivismus betreibt und warum genau so! Alles Liebe, Anina



3 thoughts on “Aktivismus für Introvertierte: Wie du dir auch leise Gehör verschaffst (ohne zu streiken)”

  • Hach ich liebe diesen Post! Ich bin auch Introvert und fühle manchmal, dass ich keine echte Aktivistin sein kann. Aber wie du das hier so genau geschrieben hast : das stimmt nicht! Ich male gefährdete Tiere und Blumen, teile sie online mit kleinen Beschreibungen, und backe gerne vegane Kuchen für Familien meetings (ja, die meisten wollen dann das Rezept juhuii :D). Sind halt kleine Schritte, aber viel besser als gar keine! <3

  • So ein schöner Post! Bin gerade am Durchstöbern von deinem Blog. Vor Corona war ich auch auf einigen Fridays for Future Demos und muss sagen, mir gings genauso! Einerseits habe ich mich „gezwungen“ gefühlt, so meine Werte einzustehen und andererseits war mir total unwohl in den Menschenmassen. Ich bekoche am liebsten einfach meine Familie und Freunde vegan und versuche eher zu inspirieren. Z:B. indem ich davon schwärme, wie sehr ich es liebe in Unverpacktläden einzukaufen!

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